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Sofortmaßnahmen For Future – 117 Vorschläge für den Klimaschutz in Dresden

Klimaschutz in Dresden – Jetzt beginnen!

Im Stadtratsbeschluss „Fortschreibung der Klimaschutzziele der LH Dresden“ heißt es, dass ein Bericht erstellt werden soll, welcher konkrete, kurzfristige Maßnahmen für den Klimaschutz enthält. Das haben die For Future Gruppen sofort als die Chance aufgefasst, sich einzuschalten. Dem Aufruf für die Erstellung einer eigenen Liste Ideen und Vorschläge zusammenzutragen, sind die Mitglieder schnell gefolgt und bisher sind 117 Punkte eingegangen. Die komplette Liste findet ihr unter:

Klimaschutz-Maßnahmenkatalog für Dresden

Diese Liste wurde am 06. Juni offiziell an die Umweltbürgermeisterin Fr. Jähnigen übergeben.

Einige dieser Punkte wollen wir euch nun vorstellen. Viel Freude beim Lesen!

Schaffung von temporär autofreien Straßenzügen und Parkplätzen wo Spielen, Gastronomie und Fahrradparken erlaubt ist, nach dem Vorbild der Restaurantterrassen auf der Königsstraße sowie der für die Coronazeit initiierten nachbarschaftlich organisierten Spielstraßen in Berlin und München

„Temporär autofreie Straßenzüge sind vielleicht keine großen Meilensteine für den Klimaschutz, wie es dauerhaft autofreie Stadtteile wären. Aber sie sind ein Anfang. Wir sind es einfach gewohnt, dass der Platz vor unsereren Türen größtenteils von stehenden und fahrenden Autos eingenommen wird. Dennoch lieben wir es, wenn wir in den Urlaub fahren und in anderen Städten durch autofreie Straßenzüge schlendern, in denen man frei laufen kann, Stühle und Tische auf der Straße stehen und Kinder spielen. Und eine herrliche Ruhe herrscht. Eine temporär autofreie Straße ist die Chance, dies zeitweise direkt vor unseren Haustüren zu erleben. Wenn man einmal merkt, was einem lange gefehlt hat, vielleicht will man es dann nicht wieder hergeben – und mehr davon! Dann Lösungen für mobilitätseingeschränkte Anwohner und Lieferverkehr zu finden ist bestimmt keine unlösbare Aufgabe.“ (Louise Hummel-Schröter) [1]

Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit mit Ausnahme von wenigen Hauptachsen

„Wenn man sich umschaut, wie Mobilität der Zukunft gedacht wird, so wird immer wieder die Stärkung des Radverkehrs als zentrales Element mit höchstem Potential aufgeführt. Aber Radfahrer brauchen Platz. Auf einer Vielzahl an Straßen lassen sich weder baulich getrennte Radstreifen noch Pop-Up Bikelanes realisieren. Autos und Radfahrer müssen sich ein und die selbe Fläche teilen. Aber worin beruht eigentlich das große Konfliktpotential? Ganz einfach, wenn jemand unter Zeitdruck ist (es gibt nur wenige, die das heutzutage nicht sind), dann ist jemand, „der einen ausbremst“ klar „im Weg“. Zeitdruck macht nicht nur im Verkehr ungeduldig, aggressiv, risikobereit und befördert einen „Tunnelblick“. Für die Langsameren ist es nicht schön, die Ungeduld der anderen „im Nacken“ zu spüren, bzw. sogar Angst um sich und seine Kinder zu haben. Dieser Konflikt kann durch eine generelle Entschleunigung entschärft werden. Die perspektivisch steigende Menge an Radfahrern muss sich auf der Straße wohl und willkommen fühlen. Entscheidend ist auch, dass auf vielen innerstädtischen Abschnitten durch die Kreuzungen Autofahrer nicht schneller sind als Radfahrer. So trifft man sich dann Kreuzung um Kreuzung wieder. Flächendeckend oder vermehrt abschnittsweise Tempo 30 einzuführen würde unser aller Leben entschleunigen, Menschenleben retten, sowie den dringend benötigten Zuwachs des Radverkehrs entscheidend fördern.“ (Louise Hummel-Schröter)

Klare Vorgaben nennen, bis wann Dresden klimaneutral sein will und wie viel Prozent CO2-Reduktion dies pro Jahrzehnt bedeutet – dies beinhaltet die Festlegung der zeitlichen Reduktionsschritte der CO2 Emissionen, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen sind

„Nur mit einer klaren verbindlichen Zielstellung kann ein Umsetzungsweg entwickelt und beschritten werden. Analysen und Kurskorrekturen müssen permanent vorgenommen werden, sowie Zielabweichungen in ihren Ursachen benannt und durch Zusatzmaßnahmen schnellstmöglich ausgeglichen werden. Werden Sektorenziele nicht erreicht, sind von den verantwortlichen Akteuren selbst Zusatzmaßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen, die einen Aufholprozess garantieren. Ohne verbindliche Zielstellungen und eine konkrete Akteurszuordnung wird das bisherigen System einer organisierten Verantwortungslosigkeit in Klimafragen und einer fortgesetzten Zielverfehlung fortgeschrieben. Die zielorientierte Strukturierung des Klimaschutzes in Dresden ist eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Bedingung, dass das Pariser Klimaziel tatsächlich erreicht werden kann.“ (Anonym)

Wiedereinführung einer bürgernahen kommunalen Energieberatung, die Handel, Gewerbe und Haushalte anbieterunabhängig bei Stromeinsparung, Wärmeschutzmaßnahmen und der Nutzung erneuerbarer Energien unterstützt und berät

„In den 1990-er Jahren gab es stadtteilbezogen eine kommunale Umweltberatung. Um den bevorstehenden gesellschaftlichen Transformationsprozess bürgernah zu gestalten, sollte dieses Serviceangebot wieder eingeführt werden. Die CO2-Besteuerung des fossilen Energieverbrauchs darf nicht zum Auslöser für eine neue Energiearmut in bestimmten Bevölkerungsschichten führen. Hier sind lokale Beratungs- und Unterstützungsangeboten zu entwickeln. Auch der kleinteilige lokale Handel und das ortsansässige Handwerk kann von dieser Beratung profitieren und gegebenenfalls in das Dienstleistungsangebot einbezogen werden.“ (Anonym)

Bei kommunalen Wirtschaftlichkeitsvergleichen in der Investitionsvorbereitung ist die eingesparte Tonne CO2 mit 180,- EURO zu bewerten

„Ohne eine solche Sichtbarmachung des langfristigen Klimaschadens können CO2-Sekungen in großem Umfang in naher Zukunft nicht mit Investitionen in die fossile Technik konkurrieren. In vielen Ebenen der Gesellschaft zählt nur, was sich auch in EURO ausdrücken lässt. Diese monetäre Bewertung des Klimaschadens in einer Größenordnung, die das Umweltbundesamt vorschlägt, rückt die zeitlich und örtlich entfernten Schäden der Klimakrise in unser Blickfeld. Sie macht den Klimaschutz in den gängigen ökonomischen Bewertungen zu einer relevanten Größe.“ (Anonym) [2]

Schulung von Führungskräften/ Mitarbeiten zur Nutzung von Remote-Tools/ Webkonferenzsystemen

„Mit Telefon- und Videoferenzen können unzählige (Dienst-)Fahrten vermieden werden. Klar kann eine Telefon- oder Videokonferenz nicht die menschliche Nähe geben, die ein Treffen im realen Leben gibt. Auch für die Klimaschutzinitiativen war es ein großer Einschnitt im Zuge der Coronakrise, dass wir uns nicht mehr treffen konnten. Aber schnell haben sich in unseren großen Netzwerken TrainerInnen gefunden, die vielen von uns nach und nach das Handwerkszeug zu einer praktikablen und produktiven Gestaltung von Videokonferenzen an die Hand gegeben haben. Mit einer (auch technisch) gut geschulten Moderation, welche Gestaltungsmöglichkeiten wie Breakout-Rooms, Umfragetools etc. nutzt, kann eine Videokonferenz eine lebhafte Angelegenheit werden. Und mal ganz ehrlich: sind Offlinemeetings immer eine spannende, unterhaltsame Sache? Echte wie virtuelle Meetings gut zu gestalten ist ein Handwerk, das man lernen muss. Natürlich haben auch Onlinemeetings einen nicht zu vernachlässigenden Energieverbrauch – dennoch wird dieser bei der Fahrt in eine andere Stadt schon deutlich überschritten. Ein bisschen echte Nähe zu Kollegen und Geschäftspartnern fällt sicher weg, dafür kann die eingesparte Fahrtzeit mit Familie, Freunden und Freizeit verbracht werden.“ (Louise Hummel-Schröter)

Benennung von Klimaschutzbeauftragten für jedes kommunale Gebäude, um den Energieverbauch zu senken und die Nachhaltigkeit zu fördern. Diese sollten bereits der Belegschaft angehören und das Gebäude sowie die Abläufe gut kennen (Verknüpfung mit Anreizsystem)

„Die öffentlichen Gebäude in Dresden, wie Schulen, Kitas, Rathäuser und viele andere Verwaltungsgebäude haben zusammengenommen einen immensen Energieverbrauch: Strom, Wärme, zukünftig vermehrt Kühlung. Gleichzeitig ist hier ein hohes Einsparpotential – abgesehen von baulichen Maßnahmen wie Dämmung – vorhanden. Die Ursachen von Energieverschwendung beruhen zum Teil auf Unwissenheit (Einstellen der Heizung, Funktion eines Thermostats…), zum Teil aber wohl auch auf Gedankenlosigkeit, da die Mitarbeiter selbst die Kosten ja nicht zu spüren bekommen. Daher wäre es dringend erforderlich, in jedem öffentlichen Gebäude einen Beauftragten für Klimaschutz aus der Belegschaft zu benennen. Dieser muss natürlich in einem Teil seiner Arbeitszeit für diese Aufgabe freigestellt werden. Er kann dann in „seinem“ Gebäude die Einsparpotentiale zum Einen durch Verhaltensänderungen (Aufklärung, Schulungen …) der Mitarbeiter, zum Anderen den Bedarf einfacher, bspw. baulicher Änderungen (schlecht schließende Außentüren, undichte Fenster, nicht zu regulierende Heizungen …) ermitteln. Hierdurch kann nicht nur Energie und damit CO2, sondern auch viel Geld eingespart werden. Gegebenenfalls könnte das eingesparte Geld zumindest zum Teil oder auch im Ganzen dem Gebäude (z. B. der Schule oder der Kita) zugute kommen.“ (Esther Langer)

Eine neue Strategie für die Klimazielerreichung: Weg von „Maßnahmen, um das Klimaziel 2030 zu erreichen“ – hin zu „Maßnahmen, um das Ziel klimaneutral deutlich vor 2050, und dabei die Zwischenziele 2030,2035 usw. zu erreichen“

„Eine Studie zum Energiesystem 2050 vom Forschungsinstitut Jülich kommt zu dem Ergebnis, dass Maßnahmen, die sich für das Erreichen einer CO2-Reduktion von 80% als notwendig und kosteneffizient erweisen, nicht zwingend Bestandteil einer Reduktionsstrategie sind, die zu einer Minderung von 95% führt. In Einzelfällen können sie sogar kontraproduktiv sein.[3] D.h. Man sollte bei den Maßnahmen nicht versuchen jedes Jahr ein bisschen mehr Emissionseinsparung zu erreichen, denn dann erreicht man die 100% nie. Stattdessen braucht es einen klaren 100% Fahrplan, und auf diesem Weg werden dann die Zwischenziele erreicht.“ (Kevin Bauch)

Sämtliche Neue Infrastruktur kompatibel mit dem zukünftigen Erneuerbaren Energiesystem in 2050 bauen. Kein Neubau mehr genehmigen der dies nicht ist!

„Der Umbau des Energiesystems sollte in 15-25 Jahren vollständig abgeschlossen sein. Es wird einen Trend zu dezentralen System geben, welche auf den richtigen baulichen Kontext angewiesen sind. Heute noch Gebäude oder Infrastrukturen zu bauen, die nur innerhalb des jetzigen Systems funktionieren, oder lediglich dazu beitragen Klimazwischenziele zu erreichen, können zu einem „Lock-In-Effekt“ führen. D.h. sie verschließen Potentiale für Jahrzehnte und ab einem gewissen Punkt kann man mit ihnen keine Emissionsminderungen mehr erreichen. Ein Beispiel wäre hier die Umrüstung von Öl auf Gas oder der Anschluss von Neubauten an die Fernwärme, ohne dass klar ist, wie Gas oder Fernwärme klimaneutral gestaltet werden können. Diese Gebäude werden dann in Zukunft auch auf eine zentrale Energieversorgung angewiesen sein. Diese muss dann über einen großen saisonalen Gasspeicher versorgt werden. Das kann teuer und aufwendig werden. Einfacher wäre es, die Gebäude von Anfang an mit dezentralen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu bauen, wie z.B. mit Wärmepumpen. Deswegen braucht es schnell einen klaren Plan wie die Stadt sich in Zukunft versorgen will. Sämtliche neue Infrastruktur muss kompatibel mit diesem neuen Energiesystem sein. Es wird genug kosten, den Bestand umzubauen, daher können wir es uns nicht leisten, in zehn Jahren dasselbe auch noch mit den heutigen Neubauten zu tun. Es gibt Konzepte für nahezu bis komplett wärmeautarke Büro- und Wohngebäude – diese müssen genutzt werden.“ (Kevin Bauch)

Beim Verkauf von städtischen Flächen für Bauzwecke die Bauauflagen anpassen und zur Nutzung von erneuerbaren Energien verpflichten (wie in Tübingen) sowie den Einbau fossiler Heizungen verbieten

„Die Stadt hat leider (oder zum Glück?) nur einen begrenzten Einfluss auf die Bauweise und die Energieversorgung der Gebäude in der Stadt. Sie kann bei ihren eigenen Gebäuden viel bestimmen, aber die meisten Gebäude sind private Gebäude: Wohnhäuser, Büros, Industrieanlagen etc. . Dennoch müssen auch diese Gebäude anders gebaut werden. Eine Möglichkeit der Stadt ist es, bei der Privatisierung städtischer Flächen klare Auflagen zur Bauweise mitzugeben. So kann z. B. eine Bauweise aus Holz CO2 binden, anstatt dieses freizusetzen, wie es bei Beton der Fall wäre. Im Allgemeinen sollte die Stadt aber nur bei absoluter Notwendigkeit Flächen verkaufen. Denn mit jeder verkauften Fläche verkauft die Stadt auch Handlungsspielraum. Diesen werden wir in der Zukunft mehr denn je brauchen.“ (Kevin Bauch)

Bebauungspläne an dem Konzept der Solararchitektur ausrichten (Ausrichtung der Dachflächen, Verschattung von Dachflächen und Südseiten vermeiden zur Nutzung von passiver Solarstrahlung im Winter)

„Auch wenn die Stadt keinen Einfluss auf die genaue Bauweise privater Gebäude hat, so hat sie dennoch ein Instrument, welches richtig eingesetzt sehr viel bewirken kann – den Bebauungsplan. Darin legt die Stadt fest, an welcher Stelle überhaupt gebaut werden darf – auch bei privaten Flächen. Kombiniert man das mit der Solararchitektur ergeben sich riesige Potentiale, die heute noch verborgen sind. Gebäude wären dann nach Süden orientiert und so zueinander positioniert, dass die PV-Anlagen der Dächer nicht von anderen Dächern verschattet werden. Außerdem werden in den kalten Jahreszeiten durch die Südausrichtung und durch wärmespeichernde Materialien enorme Heizenergieeinsparungen erreicht. Diese Einsparungen sind enorm wichtig, wenn wir uns komplett mit erneuerbaren Energien versorgen wollen.“ (Kevin Bauch)

Diskussionsbedarf?

Sind bei euch Fragen entstanden? Brennt es euch unter den Nägeln, weil ihr Dinge anders seht, wichtige Gründe, Aspekte hinzufügen wollt oder an der ein oder anderen Stelle Bedenken aufgekommen sind? Dann redet und diskutiert über diese Punkte. Mit euren Freunden, euren Familien, euren Bekannten und auf der Straße. Bringt die Punkte in die Initiativen und tragt sie an die KommunalpolitikerInnen heran. Es wird nicht einfach werden. Oft sind Sätze wie „Das geht nicht.“ oder „Das geht nicht aus diesem oder jenen Grund.“ nur eine andere Formulierung für „Damit will ich mich jetzt nicht genauer befassen.“ Die Coronakrise zeigt es, die Klimakrise verlangt es: auch „seit Menschengedenken“ bestehende Systeme können aufgebrochen werden und müssen nun hinterfragt werden. Die Kreativität muss geweckt werden und der Mut, neue Wege zu gehen, gezeigt werden. Was haben wir zu verlieren? Es ist nur unsere Zukunft und die unserer Kinder auf dieser Erde, die wir nicht verlieren dürfen!

Wir werden diesen Klimaschutz-Maßnahmenkatalog dazu nutzen, diese Punkte immer wieder einzubringen und Dresdens Weg zu einer klimaneutralen Stadt voran zu treiben.

Autoren:

Louise Hummel-Schröter (Parents For Future)

Coma (Kevin Bauch, Fridays For Future)

Quellen

[1] 05.07.2020, https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/aktuelles/artikel.851085.php

[2] 05.07.2020, https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/hohe-kosten-durch-unterlassenen-umweltschutz

[3] 05.07.2020, https://www.fz-juelich.de/iek/iek-3/DE/News/TransformationStrategies2050/_node.html